Die Tuchfabrik W.C. Drewes und Söhne produzierte am Mühlenhof 8-10 sog. Streichgarnwaren für Männer und Frauen. Sie verwendeten dabei technische Textilien. Der Fabrikant Heinrich Drewes lebte selber im Mühlenhof 4, ein weiterer Fabrikant (Ferdinand) Drewes am Kleinflecken 38.
1939 waren bei Drewes 85 Menschen beschäftigt.
Wie viele Neumünsteraner Tuchfabriken, rekrutierte die Firma Zwangsarbeiterinnen aus dem Osten. Laut namentlicher Liste vom 20.12.1946 waren 6 aus Polen und 21 aus Russland, außerdem 1 Däne dort angestellt. In der Akte 1822a wird für August 1943 für Drewes & Söhne die Zahl der zu erscheinenden Zwangsarbeiterinnen am Arbeitsplatz mit „18“ festgehalten. Sie wurden im „Arbeitslager Faldera“, Ehndorfer Straße, untergebracht. Bis zu 20 Frauen mussten dort in einer Baracke schlafen. Für Mütter mit Kleinkindern wurde im Februar 1943 eine „Kinderbaracke“ eingerichtet, aber vorher schickte man schwangere Frauen einfach zurück auf eine beschwerliche Reise nach Russland.
Am 12.01.1945 führte die Fa. Drewes Söhne Beschwerde über den dort beschäftigten Polen L. Dieser bummele vielfach im Betrieb und schlafe bei der Arbeit ein. Die Firma gab an, dass L. während der Abend- und Nachtzeit Papiertaschen anfertige, diese verkaufe und dadurch zusätzlich sich Geld verdiene. Hierdurch sei L. tagsüber müde und nicht in der Lage, voll im Betrieb zu arbeiten. L. gab die Anschuldigungen zu, erklärte aber, dass er im Lager wegen Ungeziefer nicht schlafen könne. Wie festgestellt wurde, sind im Polenlager wiederholt Wanzen festgestellt worden, so dass hierdurch die Insassen des Lagers in ihrer Nachtruhe gestört wurden. „Der Pole L. wurde verwarnt und ihm klar gemacht, daß er im Wiederholungsfalle der Gehstapo (sic!) wegen Sabotage gemeldet würde.“
In den Polizeiberichten 1944 und 1945 wird berichtet, dass sich die Ostarbeiterinnen der Fa. W.C. Drewes weigerten zu arbeiten, weil das vom „Lager Faldera“ gelieferte Essen sauer und ungenießbar sei. Die Kontrolle ergab, dass das Essen „einwandfrei und gut“ sei. Die Arbeiterinnen wurden daraufhin ermahnt und nahmen die Arbeit wieder auf.
Bei Drewes war man neben den Beschwerden über Arbeiter und die Austeilung von ungenießbarem Essen auch rigoros, was Diebstähle anging. Am 27.01.45 wurde die Ostarbeiterin Oksana P. wegen Wolldiebstahl der Kriminalpolizei übergeben. Möglicherweise war der Arbeiterin lediglich kalt.
Denn offensichtlich mussten die Ostarbeiterinnen von Drewes in ihrem Lager frieren. Am 06.04.1945 wurden die bei der Firma beschäftigten Ostarbeiterinnen wegen Kohlenmangel vorläufig anderweitig vermittelt.
1964 wurde der Betrieb geschlossen.
Quellen:
- StA Neumünster MA 5481, MA 3303, MA 1822a
- https://industrialisierung-neumuenster.de.tl/Tuchindustrie.htm; zuletzt abgerufen am 20.10.2019
- KLAUS TIDOW Neumünsters Tuchfabriken – Letzte Fotos aus den Arbeitsräumen